Über meine tollkühnen Anreisepläne – 31 Stunden in 5 Zügen und einem Bus hatte ich ja schon berichtet. Als größte Schwachstelle machte ich nicht die SNCF, Renfe oder gar die SBB aus, sondern die DB. Immer wieder sah ich in der App nach meinem IC 60403 nach Basel, falls er ausfiele, müßte ich improvisieren.

Um es kurz zu machen, ja ich mußte improvisieren. Bis 6 min vor Abfahrt alles noch gut, dann Ansagen + 25 min, dann keine Ansage und schließlich auch die Löschung der Anzeige, laut der App war der Zug schon vorbei. Aber das hätten wir 50 Reisende bemerkt, die wir uns auf dem Bahnsteig einen Ast abfroren. Gegen 2:00h sah ich mein gesamtes Reiseziel gefährdet, stapfte wütend samt Gepäck zurück zum Auto, tankte und fuhr gen Süden nach Mulhouse im Elsass.
Ich schaltete den Tempomat auf 130 und das ARD Nachtkonzert ein, das immer von 0:00 bis 6:00 vom BR produziert und auf den Kulturkanälen ausgespielt wird. Gegen 5:30 hatte ich die 400 km geschafft und suchte, ausgehend vom Bhf einen kostenlosen Parkplatz in einer Wohngegend.

In 26 Tagen komme ich wieder hier hin und dann werden wir ja sehen. Die zweieinhalb Kilometer mit dem Rad und Gepäck in der sperrigen Tasche waren eine ziemliche Strapaze. Aber dann am Bahnhof kaufte ich mir eine Tarte Flambee und einen Grande Americano, setzte mich in den Wartebereich und studierte die Anzeigen. Ich war zu früh, aber es gab schlimmeres.

Mein Abenteuer hatte ich für heute nun schon weg, und nachdem ich noch rechtzeitig aus dem TGV nach Paris samt Fahrrad wieder ausgestiegen war (selber Bahnsteig, aber mein Zug kam erst unmittelbar danach), konnte die Bahnfahrt endlich beginnen. Es gibt da wenig zu berichten, wenn alles nach Plan läuft. Das war mir sehr recht. In Nîmes stieg ich das m um nach Barcelona. Und schaffte einen Abstecher auf den Bahnhofsvorplatz.

Jetzt kamen die Ansagen schon auf Spanisch und ich näherte mich meinem Zielgebiet, wobei ich immer mal einen Blick auf die kleinen Häfen und Küsten des Mittelmeeres hatte. Ich entspannte mich. Mein Urlaub hatte jetzt begonnen.

Hinter Perpignan donnerten wir mit 300km/h durch Ausläufer der Pyrenäen und dann kam Katalonien.

Ich schlief immer mal kurz ein, wollte aber auch Fotos machen.

In Barcelona trat ich kurz vor das Bahnhofsgebäude und kauft einen großen aber undefinierbaren Kuchen – für heute Nacht.

Erst eine kleine Paella, damit ich dann noch etwas in der Abendsonne sitzen konnte.

Ich ließ mein Gepäck einfach an meinem Platz stehen und guckte mir den Bahnhof und die Anzeigetafel an. Dabei fiel mir auf, daß ich durch eine richtige Sicherheitskontrolle mußte wie am Flughafen. Also ging ich dann direkt da hin, obwohl ich noch 90 min Zeit hatte.

Das Fahrrad als Gepäck akzeptierten sie, weil es gerade so durch den Apparat ging. Das Foto wollten sie nicht so richtig, aber das mußte sein. Also doch keine Drogen im Rahmen versteckt.
Man könnte meinen, im Untergeschoss des Bahnhofes stehen Flugzeuge, denn man mußte dann lange an seinem Gate warten, alles wurde mit diesen typischen Absperrbändern reguliert, an die zehn Mitarbeiter:innen organisierten die Fahrkarten- und Ausweiskontrolle, die man vorher schon gezeigt hat. Dann durften wir endlich die Rolltreppe runter ans Gleis, wo wieder aufgeregte Mitarbeiterinnen hin und her flatterten. Als ich nochmal mein Ticket zeigte um heraus zu finden, wo denn mein Waggon zum stehen kommen wird, wußten sie es nicht. Ein krasses System, das sie da zelebrieren, komplettiert mit ständigen Corona-Ansagen, „Achten Sie auf Ihr Gepäck“, „Seien Sie vorsichtig, nehmen sie Rücksicht auf schwächere und beeinträchtigte Personen“… in mehreren Sprachen. Ich habe noch nirgends so einen Zirkus erlebt, nur um in einen Zug zu steigen. Schon mein zweites Abenteuer heute und die 90 min waren aufgebraucht. Eine Spanierin sagte, das machen sie seit ein paar Jahren und alle haben es aufgegeben, sich über so einen Quatsch aufzuregen.

In der Schlange habe ich mich mit US-Bürgern unterhalten, die auch einiges gewöhnt sind. Sie schüttelten den Kopf und nahmen es gelassen. Sie sind aus dem State New York und machen eine Spanien-Rundreise. Sind total begeistert. Wollen nun auch nach Madrid. Die eine Frau hat schon mehrfach als Volunteer beim NYC Marathon gearbeitet. So kommt man herum.

In Madrid winken wir uns nochmal kurz zu, denn auch die wissen in dem Tunnellabyrinth nicht, wohin. Ich muß zum Bustetminal Hbf Süd, wie es auf meinem Ticket steht, dafür habe ich 90 Minuten. Die brauche ich auch, denn als ich heraus gefunden habe, daß es hier nur Mendez Alvaros heißt und mit welcher Bahn ich dahin komme, kommt ewig keine S-Bahn wie auf allen anderen Gleisen. Wir werden langsam unruhig, dann kommt doch wieder eine.

Am Busterminal warten wir, bis feststeht, wo meiner fährt, dann warten wir dort und dann dürfen wir raus in den Dieselruß zwischen die Busse. Der Fahrer spricht mehrmals mit mir, aber es kann nicht so wichtig sein, denn ich verstehe ihn nicht, aber alles ist gut. Wir fahren drei Minuten zu früh. Ich hatte das Ticket schon im November gebucht und habe Platz Nummer 1. So kann ich schön vorne rausgucken, aber die Platte vor meinem Knien weitet sich zum veritablen Platzproblem aus, während der gut sieben Stunden.

Insgesamt war es nicht so schlimm wie ich dachte. Ich streckte die Beine heimlich über die Reling und nahm sie wieder runter, bevor die abgeklemmten Blutgefäße sie absterben ließen. Immer wieder nickte ich ein. Man muß nur müde genug sein.

Ich mußte mich noch einmal schütteln nach dieser weiten Reise, hatte ich auch an alles gedacht? OK dann los und raus in die überraschend kalte und windige Luft. Wenn man erstmal ein paar Kilometer gestrampelt hat, wird es einem schon warm. Und dann das Adrenalin! Ich bin auf der Straße und mache mein Abenteuer. Einfach zu geil das!

Tatsächlich, die Sonne kam höher und es wurde mir warm. Alles in allem war es heute das perfekte Wetter, trotz viel Wind. Die Steigungen waren noch moderat und ich kam durch kleine ansehnliche Städtchen auf der N431 nach Ayamonte.

Ich wußte das zwar irgendwie, daß hier auch Apfelsinen wachsen, aber auf so großen Plantagen! Wie bei uns die Apfelbäume, so säumen sie hier auch die Hauptstraße.

In Ayamonte gibt’s das erste Eis des Jahres und dann steige ich auf die kleine Fähre , um auf die portugiesische Seite zu kommen.

Hier wäre übrigens auch die Endstation für meinen Bus aus Madrid gewesen. Aber so funktioniert mein Abenteuer nicht. Ich will lieber auf dem Rad sitzen und die Welt von Nahem sehen.

Auf der Fähre lerne ich Andrea und Olaf kennen aus Kent in England. Sie sind ganz begeistert von der Gegend beiderseits des Flusses. Morgen müssen sie zurück in den kalten grauen Norden. Andrea fährt im Sommer immer nach Wales und ich erzähle ihr von Jane Connell, die auch aus Wales stammt und die mein erstes Buch übersetzt und als Hörbuch eingelesen hat:

Der Weg durch den Pinienwald nach Monte Gordo ist schnell gefahren.

Jetzt kommt der gemütliche Teil, treffen mit Freunden, die hier bei einem RUNNER’S World Laufcamp ihren letzten Tag erleben. Wir klopfen uns auf die Schulter, trinken Kaffe und essen später zusammen.


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Hallo Guido, ich wünsche dir eine gute Reise, interesssante Begegnungen, bleib gesund und immer genug Luft in den Reifen.
Grüße aus Neadasch
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Vielen Dank, lieber Charly, das mit der Luft übe ich noch. Ansonsten bin ich ganz begeistert von Portugal.
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Hallo Guido,
ich begleite dich in meinen Gedanken bei dieser schönen Reise und wünsche dir allzu gute Fahrt und eine gute Zeit!
Herzlich Grüße
Do
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Hai liebe Do, ganz toll, daß Du mir folgst. Du warst ja hier unten auch schon öfter unterwegs und teilst meine Freude. Portugal ist echt toll. Lieber Gruß, Guido
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