Heute gab es eine schöne Tour mit Finale furioso. Aber starten wir in Lannion. Erstmal wollte ich gemütlich nach Morlaix fahren und dann mal schauen, wie genau ich weiter mache. Daraus wurde nichts, denn es ging direkt den Berg steil hoch und oben auf dem Plateau im schönsten Sonnenschein leicht überhitzt weiter. Gut, daß immer ein Wind geht am Meer.

Als es dann wieder richtig runter ging, hatte ich meine erste traumhafte Bucht für heute.

Morlaix liegt dann schon im Departement Finistere. Mal abgesehen davon, daß auch diesmal der Weg das Ziel meiner Reise ist und als Ziel die Bretagne benannt wurde, ist das eigentliche Ziel das Finistere. Das Departement, das auch von Deutschland am weitesten weg ist.

Wie auch Saint Brieuc liegt Morlaix mit dem Hafen im Tal und dem Stadtgebiet auf der Höhe. Auch hier schneidet ein Fluß ein sehr tiefes Tal ein, wie eigentlich alle Flüsse, die im Atlantik münden.

Es geht wieder steil hoch und das bleibt auch so heute: auf und ab. Fast wie bei uns an der Mosel. Oben liegt der Stadtteil Saint Martin und da ist eine Boulangerie Artisanal – also ein Bäcker nach Hausmanns Art. Das gibt es hier ganz oft. Man kann von der Ladentheke aus in die Backstube gucken.
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Inzwischen mein Standard: Bretonischen Pflaumenkuchen und Kaffee. Der Kuchen macht richtig satt. Das brauche ich, denn ich habe Großes vor: Ich will bis zum Ende des Finistere, also zum fin de finistere vordringen.

Auf dem Weg nach Saint Pol de Leon fahre an diesem Flussbett entlang, das total entleert ist. Das kennen wir von uns nicht und ist entstanden durch den starken Tidenhub hier. Die Stadt selbst macht sich durch mehrere, sehr ambitioniert in die Höhe ragende Türme von weitem bemerkbar.

An der Ecke bei diesem Kirchturm sitzt Eric in der Sonne und hat schon jetzt zu Mittag ein weiteres Bier eingeschenkt bekommen. Auch ich bin früh dran und hab schon bei km 56 meine zweite Pause, nehme aber nur Café au Lait.

Eric erzählt halb englisch, halb französisch von seinen Reisen in der Jugend, unter anderem in den Schwarzwald und Freiburg, Bodensee und Stuttgart. Er hat irgendwie einen ulkigen Dialekt, so habe ich das damals wohl in Nottingham gehört: „Oi loik your boik, Guido“. Das Ganze mit einer tiefen Stimme, die er mit Rauchen und Trinken trainiert hat. Irgendwann denke ich an mein Tagesziel und muß dann wohl los. Immerhin: In der Ruhe liegt die Kraft. Hektik und Kampfmodus ist auch nix, haben wir ja besprochen.

Links, südlich Richtung Brest sind sehr schwarze Wolken und ich bleibe immer schön in Küstennähe. Denn ich glaube daran: Wenn Wolken vom Meer aufs Land ziehen, beginnen Sie sich zu stauen und dann regnet es halt. An der Küste selbst passiert oft gar nicht soviel.

Wieder so ein Wahnsinns Kirchturm.

Dabei gibt es in dem Ort nichts.

Jedenfalls hatte der Vertreter der Kanterbräu (Straßburg) keine Wege und Mühen gescheut, um bis hier hinten hin zu liefern.

Ersatzweise muß ich nochmal in Le Folgoët in eine Boulangerie Artisanal (km 90). Die haben nur große Runde Pflaumenkuchen und wollen ihn nicht teilen. Na, gib her, ich mach den platt. Noch eine Stunde später kommen die Pflaumen hoch, speziell bei steilen Anstiegen. War zuviel, wußte ich vorher.

Ich quere weitere breite Flüsse, immer schön mit Schwung runter und dann heißt es beißen. Ich hab mich an die Autos gewöhnt, an das Auf und Ab und sehe darin auch eigentlich keine Strapaze mehr.

Ich frag mich, wieviel Geld diese sinnlos hohen und aufwendigen Türme gekosten haben mögen (die Schäfchen wurden sicher entsprechend geschröpft) und wie schwer das war, die zu errichten. Gerade die Auskragungen sind absolut bemerkenswert, denn Stahlbeton gab es damals noch nicht und einen Schwerlastkran und riesige Kragplatten auch nicht.
In Ploudalmézeau beschließe ich, die Uhr auszumachen (Akku war eh alle) und ein Zimmer zu suchen. Das kann ja nicht so schwer sein.
Ist es aber doch: Catrine vom La Petit Valise ist „complet“, also belegt. Aber sie hilft mir und ruft Kollegen an, überlegt weitere Ideen, spricht aufs Band, wird zurück gerufen- nichts. Kein Zimmer, kein Hotel, keine Ferienwohnung. Über eine Stunde müht sie sich ab und kennt irgendwie alle. Sie gibt nicht auf. Dabei hat sie selbst so ein schönes Domizil:

Mille mercis, chère Cathrine, pour votre effort. Un jour, nous reviendrons, et avec une réservation !
Never give up!
Als nichts mehr ging, ging dann doch noch was: 25 km entfernt, in der anderen Ecke dieses Endes von Frankreich fand sich eine Vinothek, die auch Zimmer haben. Schweigen wir über den Preis, es war schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben. Aber Geschmack, der war jetzt zweitrangig. Wäre nicht Regen angesagt, hätte ich heute Plan C gezogen. Immerhin hab ich eine Zeltplane, Schlafsack und Isomatte dabei um am Strand zu schlafen. So bin ich froh, darauf verzichten zu haben.

Ich schwang mich in den Sattel und machte meine Zusatzetappe. Handy und Uhr konnte ich inzwischen auch aufladen. So hab ich das Meer dann doch noch gesehen an diesem Ende der Welt in einem traumhaft schönen Städtchen. Dazu zog jetzt noch ein Atlantiknebel auf, der alles in ein mystisches Abendlicht tauchte, während ich mir eine Pizza zum Mitnehmen holte – der letzten Möglichkeit, etwas zu essen.


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Na du bist vielleicht ein Teufelskerl! Gute Reise weiterhin, es fügt sich doch jeden Tag so, dass Du alles bekommst was Du brauchst! Gottes Segen!
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Ganz vielen Dank, den hab ich wohl, sonst wäre es nicht gutgegangen bisher. Lieber Gruß, Guido
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