20 Algarve Bretagne von Sines nach Lissabon

Die Hafenstadt Sines ist nicht schön, man versucht aber, alles durch umfangreiche grundlegende Renovierungsarbeiten besser zu machen. Für mich war die Stadt und das Hotel gut genug, ich bekam sogar Frühstück und dann rauf aufs Rad.

Gemüsebauern

Es war zunächst nicht viel zu sehen, außer ein paar Gemüsebauern, die Salat zogen, der unter freiem Himmel jetzt schon zu ernten war.

Korkeiche

Es zeigte sich aber, daß dies jetzt nicht der Anfang eines fruchtbaren Gartengebietes war. Aber etwas anderes machte mich stutzig. Die Bäume an dieser Allee sahen aus wie angebrannt, oder wie auf einen anderen Stamm aufgepfropft. Aber nein, man hatte deren Rinde geschält. Es mußten Korkeichen sein. Ich hatte davon schon in der Schule gehört, hier säumten sie die Straße und später sah ich einen ganzen Wald davon. Tja liebe Weintrinker an Rhein und Mosel, das ist das Material für die Stopfen!

Abgeschälter Stamm. Die Rinde wächst wohl sogar nach.

Ich hab ja immer noch die Idee, wenigstens ansatzweise zu zeigen, was ich auf meiner Rennradtour sehe und erlebe. So viele schöne Bäume heute! Alle vom Wind geformt und ganze Wälder, die aussehen wie ein badischer Bollenhut, nur eben in grün. Das sind meist die Pinien.

Pinien an einem Ortseingang.

Den Versuch, diese Pinien während der Fahrt zu fotografieren brach ich ab und wollte stattdessen mein Rad abstellen und dann auch die große Kamera rausholen.

Unerwarteter Untergrund

So sackte ich unerwartet in extrem tiefen Sand, der aussah wie ein befestigter Seitenstreifen und legte mich hin. Leider hatte ich in der abstürzenden Hand das Handy, das jetzt nicht mehr neu aussieht, dabei war es das eigentlich. Ganz super, Herr Lange. Ich habe nun auch einen schönen Kratzer am Ellenbogen, den ich später ein Duschen wie ein kleines Feuer Nochmal spürte. Zu meiner Verteidigung möchte ich vorbringen, daß dieser Ort der Anfang einer sehr sandigen Gegend ist, deshalb wachsen hier auch so viele Pinien. Es ist der Ausläufer einer Halbinsel, an deren Ende ich die Fähre nach Setubal nehmen will. Ich beschloß, erstmal nicht mehr zu fotografieren sondern einfach nur zu fahren.

Antonio, durch und durch Benfica-infiziert.

Das hielt dann nicht lange an. Mich überholte ein Rennradler, aber er war nicht zu schnell. So konnte ich sogar wieder aufschließen zu ihm und Fotos machen und Kontakt aufnehmen. Was sagt man zu einem Mann im Benfica-Shirt? Erst gestern im Restaurant ‚Cesarino‘ in Sines trumpften mehrere Sporting-Fans groß auf. Ich dachte sie kloppen sich gleich, aber das waren wohl freundliche Frotzeleien. César selbst ist FC Porto- Fan, womit wir die wichtigsten Klubs schon genannt hätten. Cesar ist in Aachen geboren und mit 14 mit den Eltern zurück nach Sines gegangen. Wir unterhielten uns, er ist eine echte Stimmungskanone und zwischendurch empfand ich es als Tumult in seinem Restaurant. Ich versprach ihm, einen Schal des 1. FC Kaiserslautern zu schicken und den plaziert er dann am Eingang des Lokals in seine Schal-Galerie. Den FCK kennt er aus der Jugend.

Nun also Benfica-Antonio. Ich fragte, ob er denn Benfica-Enthusiast sei, „Si“. Daß er ein tolles Bike habe, ob das wohl eine Special-Edition sei, „Si“. OK, zwei Punkte, aber wie alle Portugiesen ist er erstmal zurückhaltend, dachte ich mir. Ich versuchte, ihm nicht auf die Nerven zu gehen und fuhr brav hinter ihm. Dabei war er mir einen Tick zu langsam, pedalierte aber schön gleichmäßig. Auf keinen Fall wollte ich ihn überholen, damit er mich dann erneut abzockte. Ich mit der selbstgemachte Rahmentasche, mit dem unsäglichen Halter für das Handy am Lenker, dem Mointainbikehelm, den SPD-Klickpedalen, den noname-Klamotten und einer Art Taucherbrille um den Hals für die rasanten Abfahrten. er war dagegen wie aus dem Ei gepellt. Ich fuhr nochmal zu ihm vor und fragte „whats your name?“ er sagte „Roundtrip“. Versuchte es anders: „te Nom“, dann sage er „Antonio“. Und dann noch „vento“. Das gefiel mir, ein Portugiese beschwert sich über den Wind. Also täuschte ich mich doch nicht, es gab Wind, und nicht zu knapp. Ich ganz Profi, sagte einfach „normalo“. Er grinste. Dann ließ ich ihn in Ruhe mit etwas Abstand, damit er nicht das Gefühl hätte, ich hinge ihm auf der Pelle. Bei nächster Gelegenheit bog er ab und war doch noch sehr nett. Er rief „Amigo“ und ich dann „Antonio“! Und dann war er weg. Eine schöne Abwechslung.

Die Halbinsel wurde immer steppenartiger

Immer mehr Sand links und rechts, aber auch diese tollen gelben Büsche mit den kleinen flauschigen Blüten. Ich stieg dann doch wieder ab und machte ausführlich Fotos.

Ich liebe ja Gelb!

Ansonsten sah ich in den letzten Tagen viele Pflanzen, die wir nur in Blumentöpfen kennen. Ein Traum!

Troia

Am Ende der Halbinsel nun also Troja, ein Refugium für Reiche. Einige kamen mir im Cabrio entgegen. Nichts gegen Cabrios oder Reiche, nur während sie auf großen Tafeln ihr ökologisches, naturbelassenes Revier priesen und wie sehr nachhaltig doch alles sei, hatten sie nicht mal einen Radweg. Und zuletzt, als es doch einen gab, konnte man nirgends auf ihn drauf fahren. Auf der Straße immer wieder Pflastersteinpassagen, über die die Leute einfach drüber fuhren. Für Radler aber eine Zumutung.

Mittag, korrekt, Veggieburger und öko – teurer als in der Stadt

Leider war die Fähre gerade weg, sodaß ich eine Stunde warten mußte. Dann aß ich halt was. Zur nächsten Fähre war ich am Kai, kam aber nicht drauf. Waurm das denn nicht? „Vorschrift!“ Ich sagte, ich könne in drei Minuten mein Rad in eine Tasche packen, wie ich es auch für den Zug oder sogar den Flieger machen könnte. Ich holte schnell die Tasche hinten raus und breitete sie aus. Er sagte, da sei aber dann trotzdem ein Fahrrad drin und Fahrräder nähmen sie nicht mit. Ich sagte, es wäre dann einfach ein Paket, ein Gepäckstück wie andere es auch hätten. Gepäck das man tragen kann – kein Problem, aber kein Fahrrad. Ich sagte, ich könne es tragen, es sei einfach ein Stück Gepäck, das gerade mal 16 Kilo wog, mit allem was ich überhaupt dabei hatte. Nichts zumachen. Ich solle 5 km zurück fahren, da gäbe es eine Autofähre. Unglaublich, dafür habe ich eine Stunde hier gewartet. Er klappte ungerührt seine Bordwand hoch und führ mit 15 Fußgängern mit einer Fähre, auf die 500 Menschen passen und die gleich neben dem Eingang eine große Plattform hat, wo 80 Räder Platz finden würden. Das ist ja so richtig ökologisch. Fahrräder kommen im gesamten Konzept dieses blöden Ortes mit dem Charme einer Schönheitsklinik nicht vor.

Autofähre nach Setubal

Ich düste dann zurück und fand auch den Anleger der Autofähre, hatte Probleme mit dem futuristischen Bezahlautomaten und wartete. Immerhin mußte ich nicht nochmal eine Stunde warten. Die ganze Aktion hat mich zwei Stunden gekostet die mir später sicher fehlen würden, wenn ich Lissabon durchstreifte. In der Zeit wäre ich die 800m hin und zurück geschwommen.

Selfie mit João

Zum Glück gibt es João. Als Ausbund von Ruhe, Geduld, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ist er – darf man das sagen – ein typischer Portugiese. Er tröstete mich. Er ist aus Setubal, hat heute seinen freien Tag und war mit dem Mountainbike auf der Halbinsel unterwegs. Er kannte das. Und er klärte mich über die Strecke Setubal- Lissabon auf : 50 km.

Die ikonische Brücke über den Tejo

Sie ist der Golden Gate nicht unähnlich, ist wohl vom selben Architekten. Man darf sie allerdings weder als Fußgänger noch als Radfahrer benutzen, nur Autos sind erlaubt. Unglaublich. Selbst auf der berühmten Schwester in San Francisco darf man das! Es gibt nur zwei Möglichkeiten: mit dem Zug oder mit einer Fähre. Aber die Fähre sei total abwegig, viel zu weit weg und unpraktisch dazu. OK Fähre hatte ich heut auch nicht mehr gebraucht Zug ginge am besten schon direkt ab Setubal, weil die späteren Haltestellen schwierig mit dem Rad zu erreichen seien. Aber ich bin doch zum Radfahren hier! Wenn man aber schon mal einen derart versierten Ortskenner an seiner Seite hat, sollte man ihm auch glauben und nicht alles besser wissen.

João guidete mich durch Setubal

Er führte mich per Rad durch seine Heimatstadt bis zum Bahnhof und half mir mit dem Automaten. Er brauchte drei Versuche. Gut, daß er das machte, ich selbst wäre auch hier gescheitert, jedenfalls heute. Wir drückten uns und tauschten die eMailanschrift aus. Liebe Grüße und Besuch uns mal, João.

Vorortzug Setubal – Romana Atteijo

Der Zug fuhr über die Brücke, aber in der unteren Etage. Ich fragte die Leute im Zug, ob man die Möglichkeit hat, die Brücke aus dem Zug zu sehen. Sie haben mir Tips, aber die waren nicht hilfreich.

Aus dem Zug nach links (Stadtzentrum)
Aus dem Zug nach rechts (Hafen)

Bei der Auffahrt kamen wir aus einem langen Tunnel und waren direkt drauf. Da war nichts zu machen. Ich hoffte nun auf die paar hundert Meter nach der Brücke, die wir ja vielleicht einen Bogen fahren würden. So war es auch, es gab einen kurzen Moment auf den ich mich konzentrierte. So entstand das obige Brückenfoto und dieses, die ich beide extrem zuschneiden und bearbeiten mußte, damit man was sieht. Geht alles mit dem Handy.

Links oben: Christus (wie in Rio de Janeiro)

Denn als nächstes mußte ich mir was zum Schlafen suchen, duschen und dann zu Fuß mit der Kamera durch die Stadt.

Lissabon – unglaublich schön.

Ich fand das Hostel Rossio in der Altstadt, zu viert in einem Zimmer für 23€. Alles klar, das muß genügen.

Eine Attraktion – die alten Straßenbahnen

Die Stadt ist ein Überfluß an Postkartenmotiven. Sie hat viele Berge und Täler und zusammen mit den alten Straßenbahnen auch auf diese Weise San Francisco nicht unähnlich. Aber schöner, viel schöner weil alles viel älter ist.

Ich hab mich halbtot fotografiert, das werden schöne Bilder im Buch!

Ab 1. Dezember gibt’s das Abenteuer auch als Buch.
Ausklang mit Essen

Ich hab dann doch noch einen Platz gefunden, an dem man die Brücke sieht, aber bei Nacht ist sie nur eine kleine Perlenkette am Horizont hinter mir.

Ganz hinten die Brücke

Zurück im Hostel traf ich Jonas aus Trier, der zu Fuß und mit Bus und Mitfahrgelegenheiten hier unterwegs ist. Er hat sein Studium fertig und fängt dann seinen neuen Job an. Er ist auch FCK Fan, und das ist natürlich grandios. Überall auf der Welt gibt es FCK Fans (Sorry liebe Kölner, der mußte sein). Aber auch so hätte ich ihn als Feund genommen. Wir bleiben in Kontakt, Gute Reise, Jonas!

Heute nun also 80 statt der geplanten 120 km. So hatte ich dann doch noch Zeit für ausführliches Sightseeing. Aber wir müssen hier unbedingt nochmal hin und fahren dann in einem roten Auto über die Brücke. Wie damals in San Francisco.

Buchvorstellung „Abenteuer Atlantik“

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2 Gedanken zu “20 Algarve Bretagne von Sines nach Lissabon

  1. Hallo Guido,
    wieder sehr schön dir auf deiner Reise zu „folgen“.
    Die gelben Blüten am Strauch sind bestimmt Mimosen.
    LG Helga

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    1. Toll, daß Du mich wieder verfolgst, liebe Helga. Wenn Du mal bei meiner Schwiegermutter bist, könntest Du ihr vielleicht ein paar Bilder zeigen, denn sie kann das ja sonst nicht verfolgen.

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