Der Tag war gar nicht so schlecht, aber der Start war extrem hakelig. Damit meine ich nicht das Frühstück, von dem es geheißen hatte, es sei inklusive. Statt eines Buffets gab es nur leeres Geschirr und ich setzte mich und wartete. Irgendwann kam jemand, ob ich vielleicht etwas Brot möchte. „Ja, gern! Vielleicht noch Kaffee“ Dann wäre ich auf der Bedürfnisleiter wenigstens schon mal zwei Stufen höher. Ich bat dann nach und nach, als sie etwas brachte, noch um Butter, Marmelade und Käse. Bei Eiern war dann aber Schluß, das sei nicht im Preis mit drin. OK, ist ja nicht so schlimm, ich fand es nur komisch, nicht jedes Wort sondern jede Zutat aus der Nase ziehen zu müssen. Bei all dem waren sie aber sehr freundlich, vielleicht nur ein kulturelles Mißverständnis.
Was extrem hakelig war: Die Ausfahrt aus der Stadt. Sich durch die Altstadt zum anderen Ende zu schlängeln ging nicht , denn es regnete in Strömen und ich konnte mich nur einmal im Trocknen orientieren und dann sollte es klappen, wenn ich entlang der großen Straßen einen Bogen um die Stadt machte. Zwei Mal fuhr ich im Kreis und als ich bei zweiten Mal die selbe steile Steigung wieder hoch mußte, war ich echt angefressen. Ihre blöde Autobahn und den Flughafen schildern sie alle 100 Meter aus, wie man aber auf die Landstraße N550 kam, das stand nirgends. Immer nur „Fahrrad verboten“, wenn man wieder auf Hinweise auf die Schnellstraße kam, die die Stadt umfuhr. Gefühlt 59 Mal mußte ich bei diesem Regen mein Handy aus dem Trocknen holen und dabei wurde es immer nasser. Das wollte ich nicht und deshalb ärgerte ich mich. Ich hatte es geschafft mal eine halbe Stunde früher loszukommen und mich akribisch auf die Nässe vorbereitet. Alles für die Katz, ich war innen und außen tropfnass, statt auf den Weg über Land, wo sich ja dann ein gewisses Gleichgewicht einstellt, zwischen Nässe, beschlagener Brille, Fahrtwind und so weiter. Als ich endlich den richtigen Dreh hatte, kam mir die Idee, nun an der Tanke an der Ausfallstraße mal ordentlich Luft aufzupumpen (statt abzulassen – haha). Seit Tagen hielt ich dafür den Adapter schon griffbereit. Die Nässe dabei war jetzt auch schon egal. Es wurde höchste Zeit, denn es waren nur noch zwei Bar auf den Reifen, besser wären sechs!
Jedesmal beim Abdrehen des Adapters löste sich nicht der Adapter sondern das ganze Ventil aus dem Schlauch und ich fluchte wie verrückt. Mit steifen kalten Fingern versuchte ich, das Ventil richtig fest zu drehen und nur vorsichtig den Adapter zu lösen. irgendwann ging es dann und ich konnte nach 45 Minuten und 10 unnützen Kilometern endlich durchstarten. Meine ganze Energie ging für das Fluchen drauf.
Ich brauchte die Fahrt über Land, um mich zu beruhigen und das Gute in dieser Situation zu sehen, was nicht einfach war. Ich sah fast nichts, es war eisig kalt geworden, weil es nachts klar gewesen war und morgens hatte dann der Regen eingesetzt. Ich fuhr auf immerhin 500 m hoch und entsprechend kalt war es eben. Außerdem wurde ich von jedem Auto einmal geduscht, das Wasser stand in der ausgewaschenen Fahrspur. Aber wie oben schon erwähnt, irgendwann stellt sich bei solchen Situationen ein Gleichgewicht ein und man freundet sich mit den Bedingungen an und dann ist es im großen und ganzen trotzdem OK.
Endgültig aufgeheitert wurde ich in Meson de Vento, wenn ich ohne nachzuschlagen übersetzen sollte: Windhaus oder Haus des Windes. Da war irgend ein Volksfest im Gange, irgendwas mit Reiten. Der gesamte Ort war zugeparkt, obwohl er nicht eben attraktiv schien. Am Ortsausgang bremste ich dann doch kurz. Ich hatte die Kuppe erreicht und es war auch etwas heller geworden, weiter hinten wollte gar blauer Himmel kommen. Der Wind blies kräftig. Das hatten wir schon besprochen: ohne Wind gehen die Wolken nicht weg. Da sah ich auf der anderen Straßenseite diese Musikanten, die sich einstimmten. Gleich würden sie durch den Ort marschieren bis zu diesem Reitplatz.

Zwei Dudelsäcke, zwei Trommeln und eine Pauke. Der Dudelsack scheint hier populär. Erst gestern hatte ich eine Dudelsackspielerin an der Kirche in Santiago gesehen.
Wenn ich einen Vorschlag für eine Partnerstadt machen darf: das könnte St. Andreasberg im Harz sein. Das hat Ähnlichkeit hiermit. Fiel mir spontan ein, dabei war ich nur zwei Mal in den Neunzigern dort im Rahmen meiner Außendiensttätigkeit.
Kurz hinter Meson do Vento mußte ich aufpassen, es sollte links abgehen. Dann kam diese Kreuzung und ich überlegte die gesamte restliche Route nochmal. Wenn ich die N615 fände, könnte ich bis nach Ferrol durchfahren. Und dann kam sie! Es war nicht zu glauben. Erst 20 km nach Betanzos, dann von dort auf der N615 36 km nach Ferrol. Davon würde ich mich nicht mehr abbringen lassen und dann brauchte ich auch das Handy nicht.

Betanzos fand ich ganz toll. Unaufgeregt, unspektakulär mit jeder Menge alten Häusern, aber eben zu klein, um überall Reklameschilder anzubauen. Hier trank ich meinen Kaffe und aß zwei Kuchen bei km 65.

Auch hier mußte ich kurz die Brücke suchen für die Ausfahrt, aber bei schönem Wetter kann man ganz einfach das Handy festmachen und gucken. Es ging mehrere Treppen runter bis zu dieser Brücke.

Es ging dann immer nochmal heftig wieder hoch auf der N615 über die kleinen Berge. Aber ich hatte eine Route und eine km-Zahl die immer kleiner wurde. Auch kam wieder schlechtes Wetter auf, aber das machte mir nun nichts, solange wir es vorwärts ging.

Der Ort Pontdedeume ist wahrscheinlich ähnlich entzückend wie Betanzos und dazu ging es – Stichwort Brücke – mal wieder ganz runter auf Meeresspiegelniveau. Immerhin hat das Gewässer schon Verbindung zum Meer. Jetzt von Norden, nicht von Westen. Ich schnitt das Finistere Espagnol ein bischen ab und deshalb mußte ich ja quer über die Berge. Das andere Finstere in der Bretagne hatte ich letztes Jahr schon gesehen. Das sind die äußersten Landzipfel, von Finis – das Ende.

Ein letztes Mal mußte ich über einen Kamm und dann ging es in eiskalter Fahrt wieder runter bis auf Null.

Ferrol kündigte sich durch riesige Tripods an, die sie hier zusammen schweißten. Ob sie für den Hambacher Forst oder für Offshore-Windparks gedacht sind, keine Ahnung.

Jedenfalls sind die Dinger riesig, bestimmt 40 m hoch. da steckt ne Menge Eisen drin. Vielleicht heißt die Stadt deshalb Ferrol, wegen Schwerindustrie. So eine Art Eisenhüttenstadt. Oder Dunkeque oder Le Havre. Die beiden letztgenannten haben ja die Deutschen bzw. Die Alliierten zerbombt. Deshalb sind sie nicht so attraktiv anzusehen. Warum Ferrol so häßlich ist, ich weiß es nicht.

Jedenfalls ist die Stadt voller Wohnblöcke, am Stadtrand sind die Erdgeschosse teils roh zugemauert, da waren früher sicher Läden drin. Es gibt auch eine kleine Innenstadt, aber auch nicht sehenswert. Die Leute scheinen vor allem zu arbeiten, viele Leute, die alle in diesem Wohnblocks wohnen.

Ich hab dann doch noch ein paar schöne Motive gefunden, als es dunkel war in der kleinen Altstadt. Was auffällt: hier in der Gehend haben sie diese kleinen Glasbalkone vor dem Haus, auch teils in neueren Bauten. So ähnlich, aber breiter habe ich die auch in Georgien gesehen. Bei uns würde so etwas als ‚Kaufmannshaus‘ durchgehen, aber das sind normale verglaste Balkone mit kleinen FenStern (meist ungenutzt).



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