Die Lage des Hotels direkt an der Natuonalstraße hatte ihr Gutes. Es gab zwar gestern nichts mehr zu besichtigen, aber heute morgen konnte ich nach 50 Metern auf die N632 einschwenken und vor mich hin treten. Das war auch wichtig für das schon erwähnte Gleichgewicht von Kälte, Regen, Wind, Körperwärme und Belüftung der Radbrille. Wind immerhin gab es, wie übrigens schon gestern, keinen. Ich hatte es selbst in der Hand: langsame Fahrt – kaum Wind, schnelle Fahrt – viel Wind. Es war eine merkwürdige Stimmung: Immer noch Sahara-Staub in der Luft, Nebel, Regen, also ein eigenartige Dunkelheit und Stille. Wie bei einer eintretenden Sonnenfinsternis.
Es gab nichts zu fotografieren und so trat ich in die Pedale, fuhr auf und ab und grübelte vor mich hin. Ich schrak erst hoch, als ein Lieferwagen energisch hupte, obwohl ich gar nicht im Weg war. Dann wußte ich, was der Fahrer meinte: Hier in der Nähe von Avilés war der Anfang der Autobahn und ich konnte für eine Weile nichts machen, als darauf zu fahren. Irgendwie hatten sie meine Landstraße darauf eingefädelt und mir war auch nicht bewußt, ein sinnvolles Ausfahrtschild oder auch Verbotsschild gesehen zu haben. Ich hielt dann an, wartete, bis keiner mehr von hinten kam und schob dann mein Rad auf dem Standstreifen zurück, die letzte Einfahrt hinauf. Es hättest oben an der Brücke vielleicht schon gelöst sein können, aber das hier war ein kreuzungsfreies Kleeblatt sieben einem Autobahnkreuz. Denn hier kreuzte eben auch die breite Zufahrt zum Hafengelände.

Wie hatte ich denn das geschafft? Mein Rad lehnte ich an die Leitplanke und sondierte erstmal die Lage. Mitten in diesem Knoten lief eine kleine schmale Straße durch und die wäre sogar ganz gut für mich. Ich trug dann auf der andern Seite der Brücke das Rad die steile Böschung runter und mußte nur noch durch eine kaputte Stelle im Zaun, dann war ich wieder draußen aus dem System „Autostrada“. Nun ging es weiter.

Es kamen jede Mengen Industrieanlagen, alle mit dicken Schornsteinen mit ordentlich Rauch oder Dampf.

Als es wieder grüner wurde, thronte über einem kleineren Werk eine Silhouette eines spanischen Stiers, der immer wieder vom Dampf verdeckt wurde.

Dann waren es nur noch 20 km bis Gijón. Eigentlich wollte ich es planmäßig bei diesen 50 km belassen , denn immerhin ist heute Halbzeit und ich hatte bis hier schon viel erreicht.

Erstmal sehen, was die Stadt so bietet, aber bei Dauerregen kann man ja auch wenig besichtigen und keine guten Fotos machen, Da könnte ich auch weiter strampeln. Noch nicht mal im Zentrum angekommen, sah ich eine Bodega, Bar, Café, Restaurant oder so. Da wollte ich pausieren. Es standen so eigenartige Kübel auf Rollen herum und der Wirt schüttete mit ausgestrecktem Arm etwas senkrecht in ein Glas herunter, das er über diesen Kübel hielt. Was war das denn?

Es ist Cider oder Cidre, direkt von hier. Jeder Gast hat eine eigene Flasche und es wird immer nur ein Schluck nachheschenkt- im hohen Bogen.

Die große Stadt hat einiges zu bieten und ich fuhr einmal komplett hindurch.


Es waren kaum Menschen zu sehen in dieser Stadt mit einer Viertelmillion Einwohnern, weil es wie aus Eimern goß. So fuhr ich weiter nach Osten, raus aus der Stadt, vorbei am sehr bedeutenden Botanischen Garten, wieder hinauf in die Berge.

Die Erbauer der Landstraße N632 haben natürlich versucht, so wenig Höhenunterschiede wie möglich einzubauen. Aber trotzdem ging es wieder auf und ab. Spätestens, wenn ein Fluß zu überqueren war, gab es einen tiefen Einschnitt in die Landschaft und ich sauste durch den Regen manchmal 3-4 Minuten in S-Kurven ins nächste Tal. Der Aufstieg dauerte dann eben 10-15 Minuten.

Nach einer letzten Abfahrt runter zum Riú Llinares blieb ich dann in Villaviciosa. Es wurde wieder dermaßen kalt dabei, der Regen nadelte durch die Ritzen von Brille und Halsschlauch (gut für die Haut) und meine Kräfte schwanden. Noch so einen Berg schaffte ich heute nicht mehr und immerhin: 39 km vor meinem Pan zu sein ist doch ganz gut.

In einem extrem gediegenen Haus kam ich unter und zahlte auch nur 35€. Ich wohnte wie in einem Schloß und es war geheizt! Solange, wie ich auf die Wirtin warten mußte, betrat ich triefnaß einen Friseursalon und machte einen Termin für 18 Uhr.

Zu all dem, was ich heute schon gegessen hatte, kam noch eine dicke Tortilla – das Pendant zu unserem Bauernfrühstück. Sie wollten mit erst ein Viertel bringen, dann eine halbe und ich sagte nein, eine ganz Tortilla. Von dem vielen Essen verspreche ich mir nervt Energie, gerade für diese Regentage. Draußen war alles naß, sodaß man unmöglich trocken zurück kommen konnte.


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