Daß ich es wirklich bis nach Santander schaffen würde, glaubte ich nicht. Gestern sah ich das Schild: 162 km. Und heute morgen merkte ich nach 2,5 km, daß ich die Radbrille im Hotel vergessen hatte. Also nochmal zurück und so waren die ersten 5 km schon mal absolviert.

Bei meinem zweiten Anlauf machte ich dann dieses Foto von der Ciderfabrik. Sieht aus, wie ich mir ein Ferienhaus in Florida vorstelle, inklusive Champagner.

Es ging dann einige Kilometer nur bergauf, das hätte ich gestern bei dem Regen nicht machen wollen. Heute war es durchgehend trüb, wenig Wind und bis auf bei den Abfahrten in die Täler, nicht so kalt.

Die Anstiege waren nicht ganz so heftig, weil sie ich so steil waren.

Mittendrin in den Bergen fotografierte ich dieses Bergdorf, das aussah wie in der Schweiz.

Es ging wieder durch eine Art Canyon, nur diesmal war der nicht aus Granit sondern Kalkstein. An einer Stelle löchrig wie die Schwäbische Alb. Wahrscheinlich hätte sich das gelohnt, da unter im Tal es genauer zu untersuchen. Aber ich wollte weiter.

Nach 35, 70 und 105 km machte ich Einen kurzen Stop im Café. So konnte es weiter gehen, dann würde ich entscheiden, ob ich bis Santander durchziehen würde.

Rechts türmten sich weiter die Berge auf und ich hoffte, da nicht durch zu müssen. Das Meer war stets links zu erahnen, manchmal war ich auch ein paar Kilometer weit weg, oft sah ich es von weitem, und dann lag er wieder ganz nah vor mir, der Ozean! An der Spitze sah ich spektakulär die Wellen aufschäumen und genoß das Rauschen.
Die Steigungen waren milder als gestern und vor den Bergmassiven hatten einst auch die Straßenbauer zurück geschreckt. Die Autopista geht aber heutzutage natürlich an vielen Stellen hindurch.

Bei Unquera fuhr ich über eine schöne Brücke über den Rio Deva. Er bildet auch die „Grenze“ zu Kantabrien, die dritte Provinz im Norden Spaniens, die ich durchqueren wollte.

Von da waren es aber immer noch 60 km bis Santander und ich ließ es mir weiter offen, ob ich da wirklich schaffe.

Endlich ging es mal ein langes Stück entlang eines Flusses und nicht quer dazu. Ich trat ordentlich in die Pedale und würde zur Not 20-30 km vorher stoppen und morgen in die Stadt reinfahren, um zu besichtigen. So hatte ich es ja auch in Gijon gemacht und hatte mehr davon, als wenn ich übermüdet auf der Suche nach Nahrung da durch stolperte.
Aber es kam, wie es kommen mußte: Vor einer großen Stadt gibt es keine Hotels, erst wieder in der Stadt. Ich kam in die Dunkelheit und hoffte, die Lichter der Stadt zu erreichen, bevor es komplett dunkel wurde. Ich sah die Lichter von weitem, aber es war noch eine kleine Ewigkeit bis man wieder gut sah. Ich suchte mir eine Route zwischen all den Autobahnen und erwischte die N611, der ich lange folgte. Es ging um Dunkeln über zwei heftige Anstiege und durch unendlich viele Vororte.
Und dann kam endlich das „centro cidades“, die eigentliche Stadt. Mittendrin rollte ich langsam den Boulevard herunter und hielt Ausschau nach einem Hotel, auch in die Seitenstraßen hinein. Die Leute flanierten, kamen aus oder gingen in Cafés, hatten Einkaufstaschen dabei, küßten sich, umarmten sich, scherzten und nahmen sich bei der Hand. ich war zurück in der Zivilisation, so schön es mir. DieGeböude waren weder besonders schön, noch besonders häßlich, alles wurde überstrahlt von den Lichtern der Geschäfte.
Aber es gab kein Hotel. Ich stoppte die Uhr und googlete. Das meiste waren Appartementhäuser, zwei Hotels gingen nicht dran, als ich anrief. Das fand ich komisch. Ich kam dann wieder in einen Schmuddelbezirk hinter dem Bahnhof in einem Hostel unter. Billig aber OK, auch einigermaßen warm. 21 Uhr, ein langer Tag und ein schöner Tag, an dem ich es leicht übertrieben hatte. Gleich vorn an der Ecke gab es mein Lieblingsprogramm: Tortilla und die zweite Halbzeit Euroleague (Frankfurt gegen Betis Sevilla). Der Reporter überschlug sich, als in der 90. der Ausgleich fiel, das ist Espagña!

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