Heute wollte ich mich etwas schonen. Denn, um nochmal den Vergleich mit dem Marathon aus Geschichte 17 aufzugreifen, wonach nicht der durchkommt, der zu Anfang schnell ist, sondern seine Kräfte einteilt. Beim Marathon wäre ich nun etwa bei km 23, und da hätte das Rennen noch gar nicht richtig begonnen (erst bei 30). Mit meiner Gewaltaktion gestern -170 km um Santander zu erreichen- habe ich viel zu früh „das Tempo abgezogen“. Aber kurze Einlagen über die eigenen Verhältnisse sind immer möglich, wenn man danach vernünftig ist. OK, mit der Vernunft hab ich es manchmal nicht so. Aber nun also Maß halten, langsamer machen.

Zum Beispiel, indem man nach einer Fähre forscht, die nirgends erwähnt wird und die aber den Weg zurück aus der Stadt und rund um die Bucht erspart (in der es vor allem Hafen- und Industrieanlagen gibt).

Meine bange Frage im Fährkiosk, geschädigt von der Fähre in Troia nach Setubal und weiter nach Lissabon: „Darf man ein Fahrrad mitnehmen?“ Selbstverständlich. Sehr schön, dann hatte ich jetzt noch 18 Minuten, um etwas hier zu fotografieren in einer Stadt, die vor allem für die gleichnamige Bank steht. Sicher, sie haben eine Reihe von stattlichen Häusern an der Promenade entlang, die durch eine laute Autostraße getrennt sind.

Aber so ein richtiges Motiv fand sich nicht. Vielleicht auf der Fähre.

Ich genoß die Überfahrt.

Gegenüber in Pedreña war ich mitten im ländlichen Raum. Nichts zu spüren von der Hektik, speziell auf den Ausfallstraßen der Großstadt.

So spät wie noch nie aber guter Dinge startete ich meine Tour und meine Uhr. Ich suchte mir eine Route quer durch die Dörfer zur inzwischen liebgewonnenen Nationalstraße N634. Solange, wie es mehr oder weniger flach zuging, fühlte ich mich gut. Aber dann kamen die Anstiege.

So schön, wie es ist, hoch und runter zu fahren, für steile Anstiege wie den bei Laredo hatte ich heute nicht genug Power. Die letzten 500 m mußte ich hochschieben.

Auf dem Weg runter sah man wieder, wie der Ozean in die Bucht schwappte, am Horizont des offenen Meeres kamen die Wellen mit weißen Schaumkronen an, um dann am Strand weit drinnen zu verebben.

Der nächste heftige Aufstieg stand an und mir wollten schon die Beine versagen, da sah ich ihn auf mich zu gehen – Alexandro. Wie er aussah, war er schon sehr lange unterwegs und lebte dabei irgendwie weiter mit seinem Hab und Gut auf einer Sackkarre. Wir konnten uns kaum verständigen. Ich fragte Santander und er sagte „Si“, ich fragte Bilbao und er sagte „Si“. Ich sagte „ich auch“ und zeigt auf mich. Er war irgendwie auch froh, mal jemanden zu treffen, der nicht in bunten Klamotten an ihm vorbei zischte oder eben in einem Auto saß.

Von den eben erwähnten Rennradlern gab es hier einige. Wer Pässe mag, wer Höhenmeter mag, wer „trainieren will“, ist hier genau richtig!

Ich aber auch, denn es ist schon erbaulich, oben anzukommen und in in die nächste Bucht runter zu schauen.

Es ist auch toll, runter zurauschen wie in einer Achterbahn, sich in die Kurven zu legen und wie ein Rennfahrer zu fühlen. Klar, der Asphalt könnte besser sein und man muß stets bremsbereit sein.

Alles, was ich von oben sah, hatte ich selbst erklommen. Spätestens jetzt war es vorbei mit dem „kürzer Treten heute“.

Jedenfalls war ich jetzt in Euskadi, auch genannt Bizkaia oder eben Baskenland. Deshalb auch Golf von Biskaya. hier ist alles etwas anders, das Land pocht auf seine Eigenständigkeit und es gab ja in früheren Jahren auch immer wieder Streß wegen der Unabhängigkeitsbewegung. Provinz Bizkaia und Autonome Gemeinschaft Baskenland sind wohl auch nicht deckungsgleich. Was soll’s, es ist Europa!

Es ging dann noch zwei Mal heftig hoch und wieder runter und auch hier konzentrierte ich mich sehr beim Reinfahren in die Stadt. Aber alles in allem ging es viel besser, als ich erwartet hatte und dann kam ich auf den Radweg in die eigentliche Hauptstadt des Baskenlandes. In die andere – San Senastian – komme ich am Samstag.

Am Eingang zur Innenstadt kam ich an dieser riesigen Herz Jesu Statue vorbei auf die Gran Via, die Hauptstraße im Zentrum, der Boulevard, der allerdings eine nicht so schöne Breite hat, wie die in Santander und in deren Mitte sich die Autos drängen.

Zum ersten Mal nach Lissabon und Porto hatte ich den Eindruck, das Leben pulsierte. Am Abando hielt ich an und stoppte meine Uhr, um ein Hotel zu googeln. Denn das Ritz-Carlton hier am Platz muß es vielleicht nicht sein. Die Hostels und günstigen Alternativen waren alle ausgebucht. Ich sag ja, es pulsiert hier etwas.


Direkt gegenüber dem berühmten Guggenheim Museum fand sich etwas, das meinen Übernachtungsschnitt leicht nach oben trieb. So ein Nobelhotel bringt auch viel mit sich, das ich ganz verdrängt hatte: Zirkus bei der Anmeldung, übereifrige Pagen, Verwirrung, ob ich nun mit oder ohne Frühstück bezahlt hatte, Platzierung im Restaurant und Nesoresso-Maschinen (jeden Tag hunderte Aluminiumkapseln für die Umwelt allein in diesem Hotel- Danke). Man kann da nicht einfach so reinspazieren. Aber ich schlief fantastisch nach 2 x Nudeln in einer Trattoria um die Ecke. Nudeln hatte ich vermißt.


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