Einen Vorteil hatte meine Nachtwanderung durch das Industriegebiet: auch sah den Ibanez Bikeshop, geöffnet Di – Sa ab 9:39, genau richtig.

Mathieu ölte mir die Kette und weil nichts los war, erzählten wir etwas.

Zuerst mußte ich um das Bassin d‘Arcachon drum herum, das war weiter als ich dachte und zog sich entsprechend.

Das Meer, das ich schon einen Tag nicht gesehen hatte, kündigte sich über diesen Leuchtturm an, dessen häßliche Erscheinung man mit bunten Blumen zu mildern versuchte. Aber das Meer blieb weiter fern, ich fuhr auf der D3 und dann schnurgerade auf einem einsamen Radweg parallel durch die Landschaft. Nach 30 km wollte ich ein Foto machen von dem Nichts.

Es war sehr schön, es war einsam und ich versank in meinen Tagträumen. Das blasse gelbliche Vorjahresgras war, wie wir alle, von dem schönen warmen Wetter überrascht, und hatte noch keine Zeit gehabt , frisches Grün nachzuschieben. Der Weg war sehr weit heute, und so spulte ich bis zum ersten Caféstop gleich 60 km ab. Ich hatte die Strecke zwar benannt bis Soulac sur Mer, aber gar nicht ganz geplant, es fehlten 30 km, weil ich damals nicht rausfand, ob es die Fähre an der Girondemündung noch gab. Und auch so wären es schon 120 km.
In Lacanau war ich 2008 mal mit Till, auf dem Weg zur EJC Europäische Jonglierconvention nach Vittoria Gasteiz im Baskenland. Wir bogen damals nördlich von Bordeaux ab und fuhren auf gut Glück ans Meer. Hier nun in Lacanau Ville waren wir noch weit weg vom Meerund Passanten rieten davon ab, Nach Lacanau Ocean zu fahren, da sei alles geschlossen. Ich fand ein offenes Restaurant, die Leute saßen an randvollen Tischen, und es sollte ein dreigängiges Tagesmenü für 14,50 geben. Genau richtig. Allerdings war ich eine Minute zu spät. Nein, es gab nichts mehr, finito. Ich bettelte ihn an, alle übrigen Desserts zu bekommen und zwei Café. Das ging, und so zahlte ich für zwei kleine Kuchen und zwei Café auch meine 14,50.
An einem anderen Tisch hatte sich ein Radfahrer niedergelassen, der nur Saft und Wasser trank. Ich sprach ihn an nach dem Weg, er wollte weiter nach Süden, schilderte mir aber einen fantastisch ausgebauten Radweg, der direkt an der Küste Öl langgehen sollte. das wäre natürlich zu schön, zwischen diesem Weg und meiner Straße lagen langgestreckte Seen ohne Querverbindungen. OK, ich ging darauf ein und fuhr nun doch nach Lacanau Ocean um von da auf diesem tollen Radweg nach Norden zu kommen.



Ich fuhr in jede mögliche Straße auswärts nach Norden, nichts zu machen. Auf der Karte gab es diesen Weg nicht und keiner war von hier, entweder Gäste oder Gastarbeiter. Ein Paar aus der Schweiz war seit einer Woche mit ihren Rädern hier, aber offenbar über die Ortsgrenzen nicht hinaus gekommen. Ein sehr netter Einheimischer sagte mir, ich müsse die 12 km zurück und die Landstraße hinter den Seen nehmen.
Ich war frustriert, fuhr aber nicht zurück. In einem Anfall von Verbohrtheit fuhr ich ein Stück Landstraße nach Norden, die dann endete und dann in einen Radweg in den Wald rein, der dann nur wieder nach Süden weiter ging. Ich bekam einen Wutanfall und studierte die bunten Tafeln. Nichtmal den Punkt wo wir sind, können sie markieren! Da saß ein Mädel mit Rollerskates auf der Bank, die mich wohl schon eine Weile beobachtete. Peinlich berührt sprach ich sie an. Sie sagte, ja, den Weg gäbe es und zeigte mir die richtige der fünf Abzweigungen an diesem Stern im Wald. Der sah aber sehr schottrig aus. Sie meinte, nach ein paar hundert Metern wäre der Weg glatt und ginge durch. Na, vielleicht ja doch.

Der Weg war schlecht und zog sich eine kleine Ewigkeit, bevor er dann Asphalt wurde und in einem Außenposten der Zivilisation endete. Da waren Monique und Didier aus der Gegend von Bordeaux, beide in Rente und die haben hier ein Ferienhaus. Sie waren meine allerletzte Patrone. Denn ja, es gäbe den Weg, es sei vielmehr eine breite glatte Straße die nirgends verzeichnet sei. Allerdings. Da dürfe man zwar nicht durchfahren, aber ich könne das bedenkenlos tun. Uff, na immerhin, ich mußte nicht zurück. Erbes grün mir genau den Abzweig in 800m Entfernung.
Der Weg, den ich gekommen sei und der übrigens noch weiter geht, war ein Marschierweg der Deutschen im Krieg und geht die ganze Küste hoch. Aber da könne man nicht drauf fahren. Ich outete mich als Deutscher und wir verabschiedeten uns herzlichst.

Ich hatte viel Zeitverloren und immer noch 70 km vor mir. So trat ich mit frischem Mut in die Pedale und war ganz begeistert von der Einsamkeit hier.

Es könnte gut sein, daß hier Startplätze für Raketen sind, das würde ich die Geheomniskrämerei erklären.

Immer weiter immer weiter. Ich hab ordentlich Gas. Café würde es hier nicht geben. Ich mußte das nördliche Ende erreichen.

Daß der Weg dann doch nicht so geheim sein kann, sah ich an einem einzelnen entgegen kommenden Wohnmobil aus Düsseldorf. Und als ich mich Hourtin näherte, kamen auch wieder Menschen, zwei Motorroller und zwei Radfahrende (eine Typ Birgit Schrowange, einer Typ Karl Lagerfeld, den man sich gar nicht auf einem Rennrad vorstellen kann). Welche Namen mir einfielen, halluzinierte ich? Nein, alles OK, ich hatte ja auch Wasser dabei.

So langsam belebte sich die Strecke, ich war wieder auf offiziellen Straßen unterwegs und zog weiter durch bis Montalibet. Dabei beschloss ich, es zu lassen. Soulac sur Mer währen jetzt nochmal 22 km. Die mache ich dann morgen. Es gab ein Hotel und es gab einen fantastischen Surferstrand in einer ebenfalls noch im Tiefschlaf befindlichen Kleinstadt.




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