Das Positive zuerst: Ich habe heute unzählige Maikäfer und einen Fisch gerettet. Ich glaube zwar nicht an Wiedergeburt aber das wissen die Käfer ja nicht. Auch der Lauf fing gut an: 14 km nach Sventoije waren auf dem perfekten Radweg E10 schnell abgelaufen. Wolfgang aus Westfalen schrieb mir noch, ab Sventoije muß man auf die Landstraße, das geht nicht anders. Rein nach Sventoije fuhr ein Mann mit dem Rad neben mir her, der meinte, es ginge da auf jeden Fall weiter. Ich hatte ihn das gar nicht gefragt, davon hat er von sich aus angefangen. Der Weg sei nicht so perfekt wie dieser hier, aber gut. Außerdem stünde nach der einen Brücke auch noch ein Schild, auf dem der Radweg sehr gut erklärt würde. Ja, in Grenznähe wäre etwas Sand, aber gleich danach wäre der Weg wieder super. Ich lief also bis zum Schild und sah, daß das auch stimmte. Kannte der erfahrene Wolfgang diesen Weg nicht?
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Ich glich das dann noch mit meinem Navi ab und auch damit hatte ich diesen Weg geplant. Also los. Nach 400 m schon Sandlöcher und noch mindestens 3km bis zur Grenze. Dann nur noch eine Treckerspur auf der Wiese und dann irgendwie nichts mehr. Noch über 1km bis zur Grenze.

Die Landstraße war weit ins Inland verschwenkt, die war jetzt keine Alternative. Und so dachte ich immer noch, das würde schon werden. Es wurde kniehohes Unkraut, es wurden Brennesseln, es wurde sumpfig, es wurde hüfthoch, es wurde Schilf über 2m hoch und ich war umzingelt von Wassergräben. Immer guckte ich auf das Navi, die Grenze mußte hier sein und mein Radweg!

Dann entdeckte ich die Spitze einer Grenzsäule. Das war der Punkt, an dem ich erstmals nicht mehr konnte und nicht mehr weiter wußte. Ich ließ meinen Wagen los und versuchte, die Gegend zu erkunden. Die Grenze war ebenfalls ein verschilfter Wassergraben, um mich herum eine Million Fliegen und ich hatte eine ernsthafte Krise.
Dann aß ich was, trank einen Liter Wasser und machte Plan B. Den 25kg Sack mit den Trägern schultern und den leeren Wagen hinter mir her schleifen. Ich ging erst noch in die falsche Richtung und dann aber in Richtung Küste. Die war auch nur einen Kilometer weg. Mit zwei Pausen schaffte ich es entkräftet bis auf die Düne. Da war auch eine Grenzsäule und man sah das Meer! Falls es jemals einen Weg gegeben hat, da ist keiner, NO WAY!
Und liebe Freunde von gesicherten Grenzen: Einfach alles versumpfen lassen, da kommen nur ein paar ganz Harte durch. Es sieht einfach auch schöner aus als eine Mauer!

Ich war so happy, aus diesem Sumpf raus zu sein!

Die Waden brennen jetzt noch Stunden später von den Brennesseln. Ich wanderte einfach am Strand lang, alle 1-2 km stellte ich mich in das kalte Wasser. Laufen ging nicht mehr, die Luft war raus und der Untergrund kieselig und ziemlich weich.

Aber das war egal, ich wanderte 10km, rettete jede Menge Käfer, die auf dem Rücken am Strand gelandet waren und einen Fisch, der nach Luft bzw. Wasser schnappte. Irgendwie war dann alles wieder OK. Für ein schlechtes Zimmer zahle ich zu viel, treffe aber noch eine Radgruppe aus Litauen, die die selbe Tour fahren wie ich und ein Paar aus Saarbrücken, die hier die Einsamkeit genießen. Es ist ein sehr unterhaltsamer Abend.

Die Krise hast Du nun sicherlich schon längst wieder überwunden und bist auf zu neuen Ufern. Wir bewundern Deine Kondition. Heute aber grüßen und beglückwünschen wir Dich zu Deinem Ehrentag. Viel Glück und weiter so !
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Hai liebe Hannelore, ganz herzlichen Dank für die lieben Wünsche! Toll, daß Du das mitverfolgst.
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Lieber Guido, alles Gute, lass Dich heute irgendwo feiern …. Gruß Ulf aus Landsberg
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Danke herzlich, lieber Ulf. Ich hoffe, auch Dir geht es gut. Toll, daß Du hier liest. Lieber Gruß, Guido
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