Es regnete in Strömen heute morgen und ich vertagte meine Gedanken darum erstmal bis nach dem Frühstück.

Es blieb einfach so und ich sagte mir: „Auf jeden Fall fahre ich nach St. Brieuc.“ Das ist eine größere Stadt, die auch gestern immer schon ausgeschildert war. Heute hatten wir das Wetter, das ich schon seit zehn Tagen erwartet hatte: Dauerregen und über 30 km/h Wind (Gott sei Dank aus Nord), der mal von schräg hinten und oft von der Seite, selten von vorn kam.
Ich ging die Fahrt motiviert an und hatte mich für kurze Klamotten entschieden, die dann halt sofort durch naß waren. Ich wollte irgendwie am Meer entlang, aber gleich bei der ersten Möglichkeit vertat ich mich und fuhr noch auf die Departementale, immerhin der kürzeste Weg nach St. Brieuc. Am Lenker hatte ich heute nur das Garmin befestigt, das zwar nicht gut zum Navigieren ist aber wasserdicht und für die grobe Orientierung ausreichend war. Das Handy hatte ich in einer Plastiktüte hinten im Radshirt. Fotos machen konnte ich sowieso nicht, denn ich mußte den Lenker gut festhalten.
Es ging hoch und runter mit tückischen Böen und natürlich einer Menge Autos. Ich habe den Eindruck, die nehmen hier mehr Rücksicht, sind fahrradfreundlicher, auch wenn ich heute der Einzige auf zwei Rädern war. Berghoch war es anstrengend, klar, aber die wahren Herausforderungen lagen heute in den Abfahrten. Das Wasser spritzte aus der ausgefahrenen Spur hoch, die Brille voller Tropfen, die Bremsen reagierten nicht gut und die Straße war natürlich auch glatter. Ich mußte vorausschauender fahren, denn die Autofahrer sahen auch nicht so gut.

Einmal holte ich dann doch mein Handy raus: Sie hatten an einer Hauswand in seinem Geburtsort Yffiniac Radrennheld Bernard Hinault verewigt, den fünfmaligen Tour de France Gewinner.

Von dort an reihten sich mehrere Vororte bis St. Brieuc aneinander und es gab sogar Schilder für Radfahrer.
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Saint Briac hat nur 44..000 Einwohner, belegt aber eine riesige Fläche, weil zwei kleine Flüsse extrem tiefe Täler in das Plateau aus bröckeligem Granit geschnitten haben, auf dem sich der größte Teil befindet. Mehrere Viadukte führen rauf und runter zum Meer, sie haben versucht, alles vollständig für das Auto zu erschließen, aber die Fußgänger und Radler vergessen.

Später machte ich einen Spaziergang dort hin, um das alles zu verstehen.

Erstmal mußte ich das Zentrum finden. Ich fragte Leute, keiner wußte etwas. Der einzige Hinweis, daß es hier sein mußte, waren fehlende Schilder dorthin. Die gab es vorher. Ich fand den Bahnhof und dann ein heruntergekommenes Hotel. 52€ – genau meine Preisklasse. Das Zimmer ist sauber und ein paar Minuten später stand ich unter der heißen Dusche. Gut gemacht, alles in allem. Mehr Radfahren war heute nicht. Und vielleicht bot die Stadt doch noch mehr, als ich ahnte.

Es gab sogar Hinweise auf Centre historique, die die Erwartungen aber nicht erfüllt haben.

Ein paar richtig alte Häuser fanden sich dann doch. Die Kathedrale Notre Dame ist das bedeutendste Bauwerk der Stadt.

Die Stadt hatte offenbar viel stärker als andere unter Covid zu leiden. Viele Geschäfte waren geschlossen, in der gesamten Innenstadt mußte man im Freien Masken tragen. Naja, und der Rest den Tristesse machte halt das Wetter.

Ich frönte meinem Hobby: einen Aukleber für den Koffer kaufen. Das war wenig erfolgreich, in der Tourismuszentrale wußten sie nicht mal, wie das Wappen der Stadt aussieht. Einen allerletzten Versuch machte ich in diesem Press-Tabac-Lottoladen, dabei hatte der nicht mal Postkarten. Erst schüttelte er den Kopf, während seine Frau in einer Schublade wühlte und einen alten Packen fand. Und dann strahlte ich: „Wissen Sie, daß sie die einzigen derartigen Aufkleber der ganzen Stadt haben?“
Wir kamen kurz ins Gespräch wegen meiner Jacke. Der Mann hatte seinen Militärdienst versehen in Kaiserslautern und war natürlich auch dort beim Fußball. Eine tolle Geschichte. Er war damals oft im Stadion und überlegte eine Weile, wie denn der bekannteste Spieler damals hieß ( Fritz Walter nicht, so alt war der Ladenbesitzer nun auch wieder nicht). „Hans Peter Briegel – die Walz von der Pfalz!“ Ich war aus dem Häuschen, den kannte er. Der hat damals als Verteidiger alles weggemacht, was nicht freiwillig vom Leder ließ. Er war Teil des Legendären Rufes – „So spielt man Fußball in Lautern!“

Die Stadt und die Bretagne überhaupt wird ja heimgesucht von der Tour de France.

Bei schönem Wetter ist das sicher eine super Sache.


Der Start der Tour erfolgt in Brest und am zweiten Tag ist die mur de Bretagne – die Bretonische Mauer zu erklimmen.

Ich laß den Abend in der Brasserie Brei‘z ausklingen und hoffe einfach auf besseres und bei der „Mur“ muß ich mal schauen, nicht, daß ich genau die erwische!

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Moin Guido,
also wenn du noch am Überlegen bist, ob du dir das Spektakel Tour antun möchtest, dann probiere es aus. Ich bin kein Freund von großen Kommerz und Menschensammlungen. Aber 2019 ergab sich die Möglichkeit einmal dies Volksfest live mitzuerleben. Ob es an dem Weingut lag, welches sich an der Straße befand … 😉
Es war wirklich witzig, was sie an Karawanen, fahrende Kekse und co 🙂 aufgebaut hatten.
Liebe Grüße
aus Deutschlands Norden
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Vielen Dank, lieber Christian.
Wahrscheinlich Schramme ich knapp vorbei, weil ich am Starttag der Tour Samstag in Brest schon morgens 5:18 mit dem Zug abfahren werde. Anders komme ich nicht rechtzeitig nach Rotterdam zurück.
Ansonsten glaube ich Dir das gern. Schon jetzt wird an der Strecke überall aufgebaut und die Bevölkerung hat phantasievoll – teils mit alten Fahrrädern – dekoriert. Das schreibe ich heute in meinen Bericht, denn ich bin zufällig große Teile der Strecke Brest – St Brieuc gefahren, nur eben anders herum.
Herzlicher Gruß und viel Spaß beim Lesen wünscht Guido
(Noch mehr Abenteuer gibt’s bei http://ampelpublishing.de )
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