„Sie haben Ihr Ziel erreicht!“ Nein, diese Stimme ertönte nicht, hätte aber gepaßt. Wie ich das nun genau gemacht hatte, daß ich auf den Punkt hier ankam, ziemlich fertig aber froh und glücklich, heil an Körper, Kopf und Seele und voll mit Eindrücken, die erst noch Zeit brauchen, sich einzudrücken.

Mein erster Kaffeestop in Châteaulin bei km 28 war nötig. Ich konnte nicht mehr längere Strecken durchfahren und es gab nun auch wieder Höhenmeter. Ich kannte das aus dem Norden der Bretagne, wo ich auf meiner Tour Rotterdam-Bretagne an vielen Tagen bei um die 1000 Höhenmetern lag. Siehe auch hier: 11 Bretagne Tour Erquy nach Saint Brieuc
Und ich kannte die Höhenmeter ja aus diesem Jahr in Spanien, hatte die aber durch die flachen Touren an der Gironde und der Loire irgendwie verdrängt . Siehe auch hier: 24 Algarve Bretagne von Apulia (PT) nach Vigo (ES). Nun also ging es wieder bei jeder Flußbrücke steil nach unten und dann gleich wieder hoch.

An einem Aussichtspunkt wurde ich auch mal belohnt für die Strampelei bergauf. Mein Tretlager scheint kaputt zu sein. Seit ein paar Tagen macht es bei jedem Tritt auffällige Geräusche – bergauf schon länger, aber jetzt bei jedem Tritt. Irgendwann hört man es nicht mehr und es tritt sich auch immer noch ganz gut, aber die Kurbel hat , auch schon Spiel. Da muß ich was machen, wenn ich wieder zuhause bin. Der Freilauf, der mich in Spanien noch besorgt hatte, unterliegt einer Spontanheilung – auch gut!

Na, jedenfalls hatte ich Quark in den Beinen, wenn es hoch ging. Zweite Pause bei km 60 in Daoulas.

Und dann nach ganz viel hoch und runter kam Brest in Sicht. Viel schöner und immer noch bei bestem Wetter, hatte ich diesmal von dieser Seite einen viel besseren „ersten“ Eindruck.

Parallel zur Autobahnbrücke ist eine ältere Brücke nur für Fußgänger und Radler reserviert.

Von hier hatte man schon einen tollen Blick auf die Stadt und die Hafenanlagen der Vororte.

Das meiste der Stadt wurde im Krieg zerstört, aber die Lage am Wasser ist natürlich toll. Im letzten Jahr startete hier an meinem Abreisetag die Tour de France 2021. Vieles war gesperrt und die Teams hatten am Vortag, als ich ankam, ihre Boxengassen mit den vielen Hightechrädern aufgebaut.

Jetzt war hier alles ruhig und ich rollte in die Stadt, um meinen Plan umzusetzen: Vor dem Einchecken im „Vauban“ eine Rolle Haushaltsfolie und Gaffatape, das sie hier alle nur „Scotch“ nennen, kaufen. Und dann wollte ich, ohne es groß zu erwähnen, das Rad im Eingangsbereich deponieren, schnell duschen und auf dem Zimmer die Klamotten sortieren, die ich bis morgen Abend nicht mehr brauchen würde. Dann runter und das Rad verpacken, um es mit aufs Zimmer zu nehmen. Bei all dem mußte ich mich beeilen, denn es sollte Regen aufkommen und wie blöd wäre es, wenn jetzt zum Schluß nochmal alles naß, oder auch das Rad geklaut würde. Meine Idee, auf ein Fahrrafschloß zu verzichten, hat gut funktioniert.

Beim Einkaufen half mir Pascal, den ich zufällig traf, auf der Suche nach einer Papeterie, in der ich letztes Jahr das Klebeband gekauft hatte. Er paßte auf mein Rad auf, während ich schnell in einen großen Markt sprang um Folie und Klebeband zu kaufen. Das hatte schon mal gut funktioniert. Hotel klappte auch und nach einer halben Stunde stand ich wieder unten auf der vom Winter her noch stillgelegten Terrasse und baute mein Rad auseinander, um es zu reinigen. Seit drei Tagen hatte ich alle verfügbaren Servietten gesammelt für die Reinigung und dachte, daß ich irgendwo noch ein altes T-Shirt finden würde oder Ähnliches. Nichts zu machen, aber ein Gummispanngurt , ein Stück Schaumstoff (für den Zahnkranz) und eine Plastikschnur waren die Ausbeute von der Straße.

Alles legte ich kompakt aufeinander. Ich hatte ja den 15er Schlüssel von Maxim in La Trinité SurZur bekommen, um nun die Pedale abzuschrauben. Alle Schnallen, Gurte, den kaputten Schlauch von Lagos und die gefundenen Dinge von der Straße kombinierte und schnürte ich zu einem Paket.

Schritt 2 war die Haushaltsfolie, mit der ich alles wie eine Spinne umspann. So wurde das Paket fest und kompakt.

Die Tasche für das Rad hatte ich nun 25 Etappen weit mitgeschleppt (wiegt 800g), die hätte mir im Notfall auch als Zelt dienen sollen. Jetzt brauchte ich sie und war ziemlich sicher, damit gut in den beiden TGV bis Moulhouse klar zu kommen.
Als ich damit das Hotel betrat, fiel der quirligen Empfangsdame wieder ein, daß ich ein Fahrrad dabei hatte. Ich konnte abwinken und sie fragte nur: „Ist das ihr Fahrrad?“ Ja, dann durfte ich es mit aufs Zimmer nehmen. Genau das war der Plan.
Pünktlich um 18:30 fing es an zu regnen, nachdem ich alles verstaut und vorausschauend auch meine Regenjacke zu den Dingen zugeordnet hatte, die ich nicht mit einfolieren wollte. Man muß sich bis zum Schluß konzentrieren, damit alles klappt.

Letzter Punkt für heute ist eine Galette und ein Cider. Der wird hier traditionell aus eine Art Teetasse getrunken. Vielfach gehört die leere Tasse neben einem Wasserglas zur Grundausstattung in einem bretonischen Restaurant. Bisher hatte ich ihn vermieden, weil mir die Wirkung auf die Verdauung unklar war. Frankfurter kennen das vom Äppelwoi. Der Cidre hat letztendlich nur 2%Alkohol, ist also nix schlimmes.


Ich war letztes Jahr schon in dieser Crêperie, aber da waren sie noch in der Haupteinkaufsstraße um die Ecke. Hier im neuen Lokal hat sie etwas an intimem Charme verloren, aber die Galettes sind immer noch grandios.




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