Eine Stunde, bevor ich in den Süden von Saaremaa aufbrechen wollte, hab ich mich anders entschieden und bin nach Norden losgelaufen. Das mutet etwas sprunghaft an, stimmt. Nur im Norden gibt es eine 20km Küstenstraße, die direkt am Meer langführt und nicht wie im Süden immer nur Stichstraßen. Aus denen müßte man immer wieder 3km rauslaufen, um ein Stück weiter zu kommen. Mein Ziel übermorgen kann ich auch gut über die Nordroute erreichen. Durch die Bäume rechts schimmert stets die Ostsee hindurch und ab und zu sieht man auch bis ganz zum Meer.

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Hier komme ich immer wieder an kleinen Höfen mit Holzhäusern vorbei. Die sind ganz ähnlich gebaut wie die kleinen Almen in Tirol. Das kommt jetzt hier auf dem Bild nicht so rüber.

Hier wieder ein Sprachaspekt: Saaremaa hat einen im Rest des Landes als eigenartig oder lustig empfundenen Dialekt. Das Schild Eramaa bedeutet „Privat“. Auf Saaremaa heißt es „Örömöö“, na- das ist schon lustig.

Ein Radlerpaar aus dem Baskenland ist unterwegs in die Gegenrichtung und sie halten sofort an, wollen wissen woher ich komme und wie es läuft. Aier und Mikael sind unterwegs von Tallinn nach Klaipeda und haben 16 Tage Zeit. Sie haben sich heute mit einem Paar aus Finnland verfehlt, das ich dann 2km später treffe. Die müssen dann einfach etwas fester in die Pedale treten, dann holen sie die beiden Basken ein. Na, das klappt doch alles. Gute Fahrt allen!
Mein neues Ziel ist ein Strand kurz vor Leisi, aber da komme ich heute nicht mehr an. Denn 2km vorher gibt’s schon mal bei der Jöiste eine schöne Stelle am Meer. Ein Parkplatz mit kleinem Laden, Toilette und Womostellplatz. Es ist ein gemeinnütziges Projekt, wer möchte, kann eine Spende in einen Kasten werfen. Cool.
Hier bleibe ich kurz stehen und werde von Lurch gewarnt. Ein Schäferhund, der unter einem Camper liegt und eigentlich nicht mich, sondern meinen Ziehwagen meint. Er gehört zu Thommy und Ayoka aus dem Ruhrpott, die vor 14 Tagen zu einer einjährigen Reise aufgebrochen sind. Erstes Ziel ist das Nordkapp, dann mit der Saison immer weiter Richtung Südeuropa. Sie gehen das entspannt an und bleiben eben auch stehen, wenn ihnen was gefällt. Sie haben sich lange darauf vorbereitet, Geld gespart und jetzt ist es soweit. Allzeit gute Fahrt! Wir kommen in der prallen Sonne ins Plaudern und ich entschließe mich, zu bleiben.
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Der Sonnenuntergang ist nicht ganz klischeehaft aber sehr interessant, denn es zieht eine Wolkendecke langsam heran.

So bleibt es mild und ich packe mein Zelt gar nicht erst aus, sondern schlafe auf dem Tisch einer Sitzgruppe. Herrlich. Das hatte ich mir auch mal so vorgestellt und jetzt ist es soweit.
