078 Järve – Kihelkonna (Saaremaa)

Ein super Lauf war das heute, dabei lief es  zuerst gar nicht. Die Waden wollten direkt hart werden, es war wider erwarten warm,  starker Gegenwind und ich bin gleich nach 3km falsch abgebogen. So mußte ich 5-6km mehr laufen. Aber alles hat auch sein Gutes: Durch den Umweg hatte ich eine 14km Schotterpiste umgangen, die Waden gingen nicht zu, der Wind drehte und flaute ab. Außerdem führte der Umweg teilweise direkt am Meer lang. Das war auch toll. Die Landschaft erinnerte mich an Irland – Wiesen, Weiden und Steinmauern.

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Hier werden auch diese zottigen Hochlandrinder gehalten. Gruselig die Vorstellung, daß daraus Steaks gemacht werden. Einer dieser tonnenschweren Kerle fand mich sympathisch genug und galoppiert fröhlich auf mich zu. Zwischen uns war nur ein dünner Draht. Ich konnte nicht anders und flüchtete. Als der Jungbulle sah, daß seine Liebe nicht erwidert wurde, verlangsamte er. Ich konnte das natürlich nicht fotografieren und später sah ich auch keine anderen solche Tiere mehr. Ein Dachs trottete noch gemächlich über die Straße und flüchtete, als er mich sah. Fußgänger sind hier selten. Und ein Greifvogel breitete seine Schwingen und flog über mich hinweg, nicht aggressiv, einfach nur so. Höchstens alle 15 Minuten ein Auto auf der Landstraße, wir waren unter uns.

Dann kam ich nach Kihelkonna, ich war dort in einem evangelischen Gästehaus gemeldet. Schon von weitem sah ich den untypisch spitzen hohen Kirchturm und das hohe Dach. Der Ort ist der wichtigste auf der Westseite Saaremaas, aber es gibt kein Restaurant, nur zwei kleine Läden. Immerhin – hier werde ich gleich für 2-3 Tage einkaufen und alles mitschleppen, denn bis Leisi am 20. Juli kommt wahrscheinlich kein Laden mehr.

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Ich beeilte mich mit duschen und umziehen, denn bis 17 Uhr war die Kirche noch offen. Die Frau dort wollte unbedingt auf deutsch erklären. Sie rasselte Halbsätze in eigenartiger Grammatik herunter, sodaß ich nur Brocken davon verstand. Als Poller dazwischen stellte ich Zusatzfragen, dann stockte sie kurz und machte einfach weiter. Sie ist eine rundliche kleine Erscheinung und hatte ihre riesige Wollmütze tief ins Gesicht gezogen. Ich habe dann doch begonnen, zu verstehen, weil sie sich teilweise wiederholte. Der Pfarrer zum Beispiel, dem der Gedenkstein gewidmet ist, bekam im Gottesdienst einen Herzinfarkt und starb daran. Solche Geschichten hatte sie mehrere auf Lager. Beim Altar hatte ich aufgemerkt, weil ich verstand, er sei von Michelangelo gemalt, eine Kopie sei in der „Santa Maria delle Grazie“ in Mailand! Aber ich glaube, sie meinte das Abendmahlsmotiv ganz allgemein, dessen Original dort hängt, ja, das hier ist es eben auch, klar.

Die Orgel wird gerade repariert, erst der Blasebalg, dann die Pfeifen. Ich sprach kurz mit den Orgelbauern. Nächstes Jahr im September soll sie fertig sein; dann gibt es wieder Orgelkonzert und dann kommen auch schon mal 300 Leute hier her.

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Ich durfte auch auf den Turm! Die Kirche wurde im wesentlichen schon 1260 fertig gestellt, der Turm selbst ist erst knapp 120 Jahre alt und diente auch als Leuchtturm. Oben stehen noch die Lampen herum. Die Glocken sind in relativ gutem Zustand, denn sie werden nur von Hand geläutet undzwar nur vom Pastor und das auch nur sonntags. Es sind 1200 und 1800kg schwere Eisenhartgußglocken vom Bochumer Verein von 1913. Das bedeutet, daß es wahrscheinlich nie Bronzeglocken dort oben gegeben hat, denn deren Beschlagnahmung für Kanonen hätte ja erst zwei Jahre später begonnen. Der Glockenstuhl ist aus Holz, die geraden Joche sind aus Eisen, die Klöppel haben zwar Bronzeballen, aber der kleinere ist stark abgenutzt. Ich schlug die große Glocke einmal vorsichtig an: Ein guter Ton, alles OK.

Regelmäßig (automatisch mittags 12 Uhr) läutet eine kleinere Glocke draußen in einem alten kleinen separaten Glockenturm aus dem 17. Jhd. Der hat eine eigene Geschichte, wie auf der Tafel zu lesen ist. Da hängt auch noch eine kleine zweite Bronzeglocke drin. So ein separater Glockenturm, der anfangs auch nur ein hölzerner Glockenstuhl war, ist hier durchaus üblich gewesen, existiert jetzt aber nur noch selten.

Unterkunft: EELK Kihelkonna : http://www.eelk.ee

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